Nachhaltigkeits-Instrumentalisierung als Greenwashing
Viele Konzerne instrumentalisieren längst den Nachhaltigkeitsboom und nützen diesen gekonnt als Marketing- und Verkaufsstrategie, indem sie mit eigenen Schlagworten und Labels faire Produkte vortäuschen.
Gute Absicht oder Greenwashing?
Manchmal habe ich das Gefühl, dass gerade diejenigen, die sich bemühen, Gutes in die Welt zu bringen, besonders kritisch beäugt werden, weil eben heute alles hinterfragt wird. Und das ist gut so, denn oft ist das Misstrauen absolut berechtigt, davon zeugen unzählige Beispiele. Gearbeitet wird mit versteckten Kompromissen – insofern, dass ein kleiner Teil umweltfreundlich ist, über den Rest jedoch nicht gesprochen wird – oder mit Beschönigungen, Verschleierungen und Bildern, die vom Inhalt ablenken.
Selbst Falschaussagen werden verwendet oder es fehlen dann einfach die Nachweise zur proklamierten Nachhaltigkeit, denn „Papier ist, wie wir wissen, geduldig“. Lassen wir einmal die gute Absicht gelten, denn Greenwashing muss ja nicht unbedingt absichtlich passieren. Die Frage ist ja auch: Wo beginnt Greenwashing? Und wie so oft gilt: „The devil is in the details“
Kürzlich ist mir eine Pressenachricht mit der Headline „Österreich verhindert Greenwashing“ ins Auge gestochen. Während viele Mitgliedstaaten eine enge Verknüpfung der Nuklearforschung mit der Kli- maneutralität Europas herstellen wollten, hat sich Österreich dagegen ausgesprochen und vertritt die Meinung, dass Nuklearenergie das Label „klimaneutral“ nicht verdient.
Nur weil diese Energieform weniger mit CO2 belastet ist als andere, dürften die langfristigen Risiken von Kernkraftwerken für unseren Planeten nicht „grüngewaschen“ werden.Das Thema Atomstrom ist jedenfalls ein sehr geeignetes Beispiel, um aufzuzeigen, dass die Debatte um das Thema Greenwashing keine einfache ist. Wo beginnt Greenwashing und wo hört es auf?
Task Force für Nachhaltigkeit
Das Thema wird auf politischer, regulatorischer Ebene mittlerweile sehr ernsthaft betrieben. Ein Bericht der Meta-Aufsicht (International Organization of Securities Commissions) beispielsweise hat nach einer Überprüfung der Eigeninitiativen einzelner Aufsichtsbehörden und Marktteilnehmer vor allem drei wiederkehrende Problemfelder identifiziert.
Erstens voneinander abweichende Aktivitäten verschiedener Regulierungsbehörden insbesondere im Bereich der Offenlegungspflichten, zweitens das Fehlen gemeinsamer Definitionen nachhaltiger Aktivitäten und drittens Greenwashing als Herausforderung für den Anlegerschutz. Mit diesen definierten Problemfeldern will sich die IOSCO gründlich befassen und richtet dazu eine Task Force für Nachhaltigkeit ein. Diese soll zudem die Koordination relevanter Regulierungs- und Aufsichtsansätze erleichtern, Transparenz und Vergleichbarkeit der ESG-Daten schaffen, die Methoden und die Governance der Credit- und ESG-Rating-Agenturen durchleuchten und die Risiken des Greenwashing analysieren.
Bewusstsein schafft Werte
Integrität und Transparenz sind gerade im Wirtschafts- und Finanzbereich wichtig, denn hier ist der Hebel groß! Wer in der Kundenberatung tätig ist, weiß, dass Vertrauensbildung enorm wichtig ist. Vertrauen wird vermittelt durch kompetentes Transportieren von Werten. Und Bewusstsein schafft Werte. Nach einer Umfrage des VKI zum Thema „Siegel und Greenwashing“ anlässlich des World Ecolabel Days wird Bewusstseinsbildung als eine Möglichkeit wahrgenommen, Konsumenten das entsprechende Rüstzeug für diese Diskussion mitzugeben. Denn die Umfrage ergab, dass sich Konsumenten mehr „geprüfte“, also zertifizierte Nachhaltigkeit wünschen und diese Rolle dem Gesetzgeber und unabhängigen NGOs zuspielen. Das Thema Greenwashing regt jedenfalls auf und vermutlich viele weitere Diskussionen an und das ist gut so.
Originalbeitrag: Gastkommentar Dr. Susanne Lederer-Pabst im Geld-Magazin_Februar/2021